Alzey (neu) – 25.06. 2012 – Die GRÜNEN im Stadtrat haben den Antrag auf Ausarbeitung einer Erhaltungssatzung gestellt. Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, unkontrollierte Gebäudeabbrüche besonders im Bereich der Altstadt zu verhindern. Anlass für den Antrag sind vermehrt stattfindende Abbruchmaßnahmen in der Innenstadt, durch die große Brachflächen und Baulücken entstanden sind.
Meist werden diese Flächen als privater Parkplatz zweckentfremdet. Durch einen Anwohner wurde bekannt, dass die Volksbank Alzey den Abbruch von drei Gebäuden in der Zwerchgasse und Wilhelmstraße plant. Nach dessen Hinweis auf das Instrument einer Erhaltungssatzung haben die GRÜNEN sich mit dem Thema befasst und einen Antrag für die Ratssitzung am 25.06. 2012 gestellt.
Der Antrag wurde einstimmig mit Änderungen angenommen: Der Geltungsbereich wird im Ausschuss für Bauen und Umwelt (Bauausschuss) festgelegt und für die Sitzung des Ausschusses im August wird die Verwaltung beauftragt, den Entwurf für einen Aufstellungsbeschluss vorzulegen. Der Aufstellungsbeschluss (nicht: Satzungsbeschluss) soll im September im Stadtrat erfolgen. Danach wird die Satzung im Ausschuss weiter ausgearbeitet. Durch den Aufstellungsbeschluss besteht schon vor Inkrafttreten der Satzung eine Handhabe, Maßnahmen, die der Satzung zuwiderlaufen, ein Jahr zurückzustellen.
Hier der Redebeitrag dazu im Stadtrat:
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Stadtratsfraktion Alzey
Antrag zur Stadtratssitzung am 25.06. 2012 TOP I / 9 –
Erhaltungssatzung für den Ortskern von Alzey
In den letzten Jahren wurden in der Altstadt verstärkt Gebäude abgebrochen ohne dass die entstandenen Baulücken wieder bebaut wurden. Stattdessen wurden vielfach Parkplätze/Stellplätze angelegt. Das Stadtbild wurde dadurch an vielen Stellen erheblich beeinträchtigt (Beispiele: Kronenplatz, Blauer Hut, Wilhelmstraße, Judengasse, Schlossgasse, Amtgasse; Fotodokumentation als Anlage).
Eine Erhaltungssatzung bietet die Möglichkeit hier regulierend zu wirken. Auch in Sanierungsgebieten sind Rückbauten genehmigungspflichtig. Es kommen noch weitere baurechtliche Instrumente in Frage, um Kahlschlägen und Wildwuchs entgegenzuwirken.
Ein Entwurf kann bis zur Sitzung des Ausschusses für Bauen und Umwelt im August 2012 vorgelegt werden. Erhaltungssatzungen können sehr kurz gefasst werden (Beispielsatzung Bad Neuenahr-Ahrweiler als Anlage. Weitere Beispiele: Erhaltungssatzung Mainz-Neustadt, Mainz-Gonsenheim ). Es besteht dringender Handlungsbedarf, da weitere Abrisse in der Wilhelmstraße und Zwerchgasse offenbar in nächster Zeit geplant sind.
Wir müssen über die Notwendigkeit einer Erhaltungssatzung für die Innenstadt keine ausufernde Grundsatzdiskussion führen. Die aktuelle Lage ist bekannt und sticht im wörtlichen Sinn ins Auge – und zwar ziemlich schmerzhaft.
Bei der Diskussion um die neue Gestaltungssatzung hatte Herr Hinkelmann schon auf die absurde Situation hingewiesen, dass in manchen Bereichen übermäßig bei der Gestaltung von Gebäuden reguliert wird, dass aber anscheinend jedes Haus, das nicht unter Denkmalschutz und nicht im Sanierungsgebiet steht problemlos abgerissen werden kann.
Das Thema Zerstörung von Altstadtstrukturen ist kein neues. Aber auch das breite bürgerschaftliche Engagement gegen solche Tendenzen ist nicht neu. Der Altstadtverein hat seit den siebziger Jahren maßgeblich dazu beigetragen, dass ein Bewusstsein für das Thema gefördert und geschärft wurde. Dem Verein sind zahlreiche konkrete Schritte zur Erhaltung der typischen Alzeyer Milieus zu verdanken.
Und auch mit der Stadtsanierung versucht man, die für Alzey charakteristische Bausubstanz und städtebauliche Struktur zu erhalten und zu entwickeln. Bittere Ironie, dass die Kahlschläge verstärkt drohen, kaum dass die alte Sanierung beendet wird. In den letzten Jahren wurden so schon beträchtliche Lücken in die Alzeyer Altstadt gerissen. Bisweilen meint man, man stünde vor einem Trümmergrundstück vom Zweiten Weltkrieg.
Alzey braucht eine attraktive Innenstadt. Dazu gehört auch der sorgsame Umgang mit den gewachsenen städtebaulichen Strukturen. Sie sind das Gesicht der Stadt. Die Tourist-Info wirbt für Stadtführungen unter dem Motto „Das Schönste von Alzey“. Wir alle wollen sicher vermeiden, dass bei diesen Stadtführungen in naher Zukunft mehr und mehr bestimmte Stadtgebiete als nicht vorzeigbar außen vor bleiben müssen.
Die Ausführungen unseres Sanierungsplaners Bachtler zum Thema Erhaltungssatzung, die der Bürgermeister Ihnen weitergegeben hat, unterstützen unser Vorhaben. Auch andere Rückmeldungen bestätigen die Notwendigkeit einer Erhaltungssatzung.
Lassen Sie mich noch etwas sagen zu den Vorschlägen, unseren Antrag in den Bauausschuss zu verweisen. Es bestehen offenbar noch Unklarheiten über unseren Antrag. Daher einige Erläuterungen. Der Vorschlag zunächst von Herrn Zacharias und zuletzt Bürgermeister Burkhard, das Thema Erhaltungssatzung im Bauausschuss zu behandeln, entspricht ja unserem Antrag. Ein Verweis in den Bauausschuss (vom 23. August 2012) ist in unserem Antrag bereits enthalten. Ein anderes Vorgehen als eine Weitergabe an den Ausschuss ist auch nicht möglich.
Unser Antrag sieht vor: Der Stadtrat beschließt heute grundsätzlich, dass eine Erhaltungssatzung ausgearbeitet werden soll und erteilt der Verwaltung den Auftrag dazu. Das Thema wird erstmals im Bauausschuss am 23. August 2012 besprochen und das weitere Verfahren wird vorbereitet. Bis dahin soll als Arbeitsgrundlage ein erster Entwurf für eine Satzung vorgelegt werden. Dieser Entwurf würde zunächst nur die rechtlich notwendigen Regelungen enthalten. Insofern wären dies Standardformulierungen, die generell für Erhaltungssatzungen Verwendung finden (vgl. Beispielsatzung Bad Neuenahr-Ahrweiler).
Alles das, was sich auf die spezifischen Besonderheiten der Alzeyer Altstadt bezieht und die Satzung aufgenommen werden muss oder soll, ist dann ab August im Bauausschuss zu beraten. In der Sitzung im August müsste man so weit kommen, dass ein Aufstellungsbeschluss für den Stadtrat im September vorgelegt werden kann. Vor allem müsste der Geltungsbereich der Satzung umrissen werden.
Um es klar zu sagen: Der Aufstellungsbeschluss ist Voraussetzung dafür, dass vor Inkrafttreten der Satzung Maßnahmen, die dem Satzungszweck zuwiderlaufen – z.B. Gebäudeabbrüche – zurückgestellt werden können. Ein Aufstellungsbeschluss des Rats ist also unerlässlich. Angesichts offensichtlich bevorstehender Abbruchvorhaben drängt die Zeit. Daher der Zeitplan August / September.
Der Aufstellungsbeschluss ist nicht mit dem Satzungsbeschluss zu verwechseln. Der Aufstellungsbeschluss ist der Anfang des Verfahrens. Der knapp gefasste Aufstellungsbeschluss benennt die allgemeinen Ziele und Zwecke der Satzung, stellt den Geltungsbereich in einer Karte dar und benennt das Gebiet. Nach dem Aufstellungsbeschluss erfolgt die weitere Ausarbeitung der Satzung im Ausschuss. Mit dem Grundsatzbeschluss heute kommt das Verfahren zur Aufstellung einer Erhaltungssatzung im Bauausschuss ab August schnellstmöglich in Gang.
Wir bitten um Ihre Zustimmung. Es spricht auch nichts dagegen, erste Informationen zum Thema im Bauausschuss am Donnerstag zu geben. Allerdings sind die Ausschussmitglieder nicht darauf vorbereitet. Die eigentliche Beratung kann erst ab August erfolgen.
(Detlev Neumann)