Steinbruch Kalkofen: Stadtrat bügelt Einwendungen ab

Positionen und Einschätzungen des Investors Faber gewinnen einstweilen Oberhand /
Naturschutzverbände halten gerichtliche Auseinandersetzung für möglich

Alzey, 24.06. 2013 – Der Stadtrat hat die von der Verwaltung vorgelegten Positionen zur Verfüllung und Überbauung des Steinbruchs Kalkofen gebilligt. Dieser Beschluss erfolgte bei der Abwägung der Anregungen zum Bebauungsplan und zur Änderung des Flächennutzungsplanes. An der Sitzung nahmen 24 von 32 Ratsmitgliedern teil; je vier Ratsmitglieder von SPD und CDU waren abwesend. Die Anregungen und Einwendungen im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit, die der Bürgerinitiative zum Erhalt des letzten Alzeyer Steinbruchs, der Naturschutzverbände BUND, NABU und GNOR, hatten den Erhalt des Steinbruchs zum Ziel. Einwendungen von Behörden und Trägern öffentlicher Belange (Wasserversorgung, Telekommunikation, Landwirtschaft usw.) zielten auf Änderungen im Bebauungsplan. Diese Anregungen stellten das Vorhaben nicht in Frage. Die Einwendungen und die Erwiderung der Verwaltung waren in der Sitzung vollständig vorzutragen. Der 52 Seiten umfassende Text wurde abwechselnd von Bürgermeister Burkhard und den Beigeordneten Sippel und Hinkel vorgelesen. Mit den einzelnen Abstimmungen dauerte dies knapp zweieinhalb Stunden.

Die Verwaltung vertrat in ihrer Beschlussvorlage bezüglich der Bürgerinitiative und der Verbände die Positionen und Einschätzungen des Investors Faber. Gegenstimmen zur Verwaltungsvorlage gab es lediglich von Jochen Hinkelmann und Detlev Neumann von der Fraktion der GRÜNEN und von SPD-Ratsmitglied Jörg Rebholz.

Die GRÜNEN hatten beantragt, die Tagesordnungspunkte zun Kalkofen abzusetzen. Für die Naturschutzverbände BUND, NABU und GNOR hatte die Landesgeschäftsführerin des BUND, Sabine Yacoub, dies in einem Schreiben an Bürgermeister Burkhard vorgeschlagen. Die Verbände beanstanden die Ausnahmegenehmigung der SGD Süd für die Beseitigung einer gesetzlich geschützten Lösswand im Steinbruch.

Zur Begründung ihres Antrages verwiesen die Grünen auf dieses Schreiben. Es heißt darin:

„(…) nachdem der NABU vergangene Woche Akteneinsicht zum oben genannten Verfahren beantragt hat, erlauben wir uns vorsorglich die Anregung den unseres Wissens für die nächste Ratssitzung vorgesehenen Tagesordnungspunkt zur Änderung des FNP und den Vorhaben bezogenen B-Plan Nr. 19 b „Am Kalkofen-Sonnenberg“ abzusetzen bzw. zurückzustellen bis zum Abschluss der Einsichtnahme in die Akten durch NABU, GNOR und BUND, nicht zuletzt auch, um möglichen Schaden von der Stadt abzuwenden.

Wir rechnen damit, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit die jüngst erteilte Ausnahmegenehmigung der SGD fehlerhaft ist und eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht ausgeschlossen werden kann.“

Bürgermeister Burkhard vertrat die Auffassung, dass die Naturschutzverbände im Rahmen der erneuten Offenlage der Planungsunterlagen den Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung und den Bescheid der SGD Süd einsehen könnten.

Eine Akteneinsicht nach dem Umweltinformationsgesetz umfasst allerdings mehr als nur zwei Schriftstücke. Es könnten also neue Erkenntnisse aus der Akteneinsicht gewonnen werden.

Der Antrag der GRÜNEN wurde bei 3 Ja-Stimmen (s.o.) abgelehnt.

Hier die Stellungnahme der GRÜNEN-Fraktion, die wegen des Sitzungsverlaufs nicht verlesen wurde.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stadtratsfraktion Alzey

Stadtratssitzung am 24.06. 2013

TOP I/1 und I/2 Bebauungsplan Nr. 19b „Am Kalkofen – Sonnenberg“ und 5. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Alzey – Abwägung der Anregungen

Wir unterstützen selbstverständlich nach wie vor die Anliegen der Bürgerintitative zum Erhalt des letzten Alzeyer Steinbruchs und der Naturschutzverbände. Diese lehnen das Projekt der Firma Faber ab; auch wir tun das von Anfang an. Wir haben das hier und anderswo in aller Ausführlichkeit begründet.

Die nach Süden ausgerichteten steilen Fels- und Lösswände des Steinbruchs und die umliegenden Flächen, bieten einen spezialisierten Lebensraum für Flora und Fauna, auf den viele Arten angewiesen sind. Hier ist in Alzey ein selten hohes ökologisches Potential vorhanden.

Wir sind der Meinung, das Gebiet des Steinbruchs und seine Umgebung müssen gemäß den bisherigen landespflegerischen Zielen und den bisherigen Festsetzungen im Flächennutzungsplan sowie im Bebauungsplan zum Kalkofen von 2006

1.) erhalten und

2.) gepflegt und weiterentwickelt werden.

Hier ein Zitat aus dem Umweltbericht zum Bebauungsplan von 2006:

„Insbesondere die Fels- und Lößwände haben aber dennoch aufgrund ihrer besonderen Standortverhältnisse einen hohen Wert für das Arten- und Biotoppotenzial.“ (S. 6)

Die in der Vergangenheit dazu bestehenden Positionen waren und sind die richtigen. An den Grundlagen der Beurteilung hat sich nichts geändert.

Die Einwendungen der BI und der Verbände sind begründet. Sie werden nach unserer Auffassung nicht sachgerecht gewürdigt. Falls der Steinbruch Kalkofen verfüllt werden sollte, dann wäre der letzte von ehemals vier Steinbrüchen bei Alzey und Weinheim passé. Verloren wäre damit ein unverwechselbarer und prägender Landschaftsbestandteil, der nicht ersetzt werden kann. Zugeschüttet ist zugeschüttet, unwiederbringlich. Ein Verlust dieses Gebietes kann weder ausgeglichen noch ersetzt werden.

Wir haben bereits 2011 darauf hingewiesen, dass Bundes- und Landesgesetze die rechtliche Schutzwürdigkeit des Gebietes als nicht mehr so ausgeschlossen erscheinen lassen. Im Bundesnaturschutzgesetz § 30 – Gesetzlich geschützte Biotope – heißt es, dass Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung von bestimmten Biotopen führen können, verboten sind. Dazu zählen auch Lösswände.

3. (…) Lehm- und Lösswände (…)“>

All das wurde seinerzeit ebenso vehement wie fälschlich bestritten. Es wurde erzählt, es bestehe kein Schutz.

Zwei Zitate.

1.) Bürgermeister Burkhard in seinen Ausführungen zum Rahmenvertrag mit dem Investor im Stadtrat am 28.6. 2010: „Der Bereich Kalkofen steht weder unter Naturschutz noch ist er ein schützenswertes Naturdenkmal.“

2.) Im ersten Durchgang der Abwägungen der Anregungen zum Kalkofen im Stadtrat am 19.12. 2011 heißt es: „Es sind aufgrund der starken Beeinträchtigungen auch keine pauschal geschützten Biotoptypen im Sinne des § 30 BnatSchG vorhanden (…)“ (Abwägungsvorschlag für die Anregungen im Rahmen der (A) frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit … S. 1., Beschlussvorschlag zu Anregung (A)-1.1; BUND).

Aber tatsächlich greift der § 30 Bundesnaturschutzgesetz im Falle einer pauschal besonders geschützten Lösswand. Und das Gesetz gilt schon seit 2009 – Schutz besteht, seit das Gesetz in Kraft getreten ist. Hat wohl nur keiner gemerkt. Kann ja mal passieren. Aber jetzt wird dann die Notbremse gezogen: Antrag auf Ausnahmegenehmigung.

Ging alles toll flott, muss man zugeben: Antrag vom 3.4.13, Genehmigung vom 18.4.13. War vielleicht viel Arbeit im Vorfeld nötig. Ob das rechtlich Bestand haben wird, wagen wir zu bezweifeln.

Die Lösswand, die in Alzey zugeschüttet werden soll, soll bei Monsheim „wiederhergestellt“ werden. Na dann ist ja alles gut – wird wiederhergestellt. Nix is gut. Zugeschüttet ist zugeschüttet und weg ist weg.

Wir werden die zahlreichen Einwendungen der BI und der Verbände unterstützen, welche den Erhalt des Steinbruchs zum Ziel haben, und gegen die Beschlussvorschläge stimmen. Bei einigen Anregungen, die Änderungen am Bebauungsplan zum Ziel haben, werden wir uns enthalten.

(Detlev Neumann)