Rheinhessen-Center: 4000 qm Erweiterung möglich /
Innenstadtkonzept: Erst selbst aktiv werden und Einzelhandelskonzept umsetzen
Alzey (16.12.2013 – neu) – Im Stadtrat war die Entwicklung des Einzelhandels in Alzey Thema.
Zum einen im Industriegebiet Ost; dort haben sich infolge einer mangelhaften Bauleitplanung großflächige Einzelhandelsbetriebe ohne Rücksicht auf die Stadtentwicklung ansiedeln können. Das bedeutet eine übermächtige Konkurrenz für den Einzelhandel in der Innenstadt. Die unsichere Rechtslage soll jetzt Zug um Zug auf feste Füße gestellt werden. Das Einzelhandelskonzept der Stadt Alzey von 2011 sieht vor, dass großflächiger Einzelhandel mit zentrenrelevantem Sortiment – das was in der Alzeyer Innenstadt angeboten wird – nur noch im zentralen Versorgungsbereich der Innenstadt angesiedelt werden darf. Damit soll der Einzelhandel in der Innenstadt vor übermächtiger Konkurrenz auf der grünen Wiese geschützt werden. Dem Rheinhessen-Center (ursprünglich massa-markt) sollen aber Möglichkeiten zur Erweiterung gegeben werden.
Der Beschlussvorschlag dazu führt aus, dass für die gesamte Stadt ein Erweiterungspotenzial von höchstens 10.350 qm Verkaufsfläche zur Verfügung steht, das raumordnerisch verträglich ist. Dies stellt ein Gutachten des Büros Dr. Donato Accocella fest. Accocella hatte bereits das Einzelhandelskonzept für die Stadt Alzey ausgearbeitet.
Von diesen 10.350 qm werden 2.750 qm abgezogen. Das sind Flächen für Sortimente des kurzfristigen Bedarfs, die nicht mehr im Industriegebiet Ost angesiedelt werden sollen. Bleiben noch rund 7.600 qm. Davon werden nochmal 3.250 qm Verkaufsfläche für Sortimente des mittel- und langfristigen Bedarfs abgezogen, die in der Innenstadt vorgehalten werden sollen.
Für das Industriegebiet Ost bleiben dann noch 4.000 qm Verkaufsfläche als Erweiterung für zentrenrelevante Sortimente. Diese Fläche soll nur dem Rheinhessen-Center zur Verfügung stehen.
Diese Flächenzuweisung wurde bei 18 Ja-Stimmen, 5 Gegenstimmen aus der CDU und 7 Enthaltungen (CDU, SPD) beschlossen.
Durch diesen Beschluss wird ein raumordnerisches Zielabweichungsverfahren erforderlich. Dies wird von der Stadt beantragt und die Planungsleistungen dazu wurden an das Büro Dr. Accocella vergeben (22 Ja, 2 Nein, 6 Enthaltungen).
Außerdem wird Alzey ein weiteres Gutachten beim Büro Dr. Donato Accocella in Auftrag geben: ein Innenstadtentwicklungskonzept. Dieses soll die Lebensqualität, die Versorgungsfunktion der Innenstadt und die Kooperation zwischen Gewerbetreibenden und der Stadtverwaltung stärken. Auch soll es Grundlage sein für das Städtebauförderprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“, das nach 2016 das auslaufende Stadtsanierungsprogramm ablösen könnte. Das Gutachten soll für die Projektlaufzeit von anderthalb Jahren etwa 60.000 EUR kosten. Das wurde mit 27 Ja-Stimmen und drei Enthaltungen (2 Grüne, 1 SPD) beschlossen.
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Redebeitrag der GRÜNEN zu beiden Beschlussvorlagen:
Stadtrat 16.12.2013 TOP I/10 Wirtschaftsförderung / Stadtentwicklung Redebeitrag
Wir wissen, dass das Gewerbegebiet Ost den innerstädtischen Einzelhandel schwächt. Wir wissen aber auch, dass das Gebiet wichtig ist für die Funktion der Stadt als Mittelzentrum. Zwischen diesen beiden Polen bewegen wir uns.
Wir haben es also mit einem schwierigen Balanceakt zu tun. Deshalb ist hier das Einholen externer Expertise sinnvoll.
Nachdem wir das Gutachten zur Verträglichkeitsuntersuchung für Betriebserweiterungen im Gebiet Ost gelesen hatten, waren wir zunächst skeptisch. Da heißt es ja, Zitat: „dass selbst bei Ausschöpfung der unteren Werte (also geringsten zusätzlichen Verkaufsflächen) kaum noch Spielräume für eine Verbesserung der Situation, gemessen an den Zielen des EH-Konzepts, bestehen“. Zitat Ende.
Das war der Informationsstand vor der letzten ZDF-Sitzung. Erst dort wurde ja der Kompromissvorschlag präsentiert: Zusätzliche 4000 Quadratmeter Verkaufsfläche für zentrenrelevantes Sortiment im Rhh-Center. Mit diesem Vorschlag können wir aber ganz gut leben.
Er bedeutet zwar eine zusätzliche Belastung für den innerstädtischen Handel. Worst Case wäre aber gewesen: Schwächung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bei gleichzeitiger Stagnation in der Innenstadt.
Die 42.000 Euro für das Verträglichkeitsgutachten sind also ganz gut angelegt. Denn die Studie stärkt die Verhandlungsposition der Stadt gegenüber der Immobiliengesellschaft.
Soviel zum TOP 10.1. Dem können wir zustimmen.
Zu 10.2 haben wir Vorbehalte.
Es ist ja bekannt, dass Gutachten immer weitere Gutachten nach sich ziehen. Das Gutachterwesen ist ein einträgliches Geschäft. Nun folgt also das Innenstadtentwicklungskonzept dem EH-Konzept, das ja 2009 vorgelegt wurde.
Das EH-Konzept enthält viele gute Vorschläge. Z.B. zu Leerstandsmanagement, Beleuchtungskonzept, Stadtmobiliar. In den letzten vier Jahren wurde dazu aber noch nichts umgesetzt.
Auch auf den im Konzept aufgezeigten Flächen, an denen die Ansiedlung von weiterem Einzelhandel möglich sein soll, tut sich nichts. Investoren sind nicht in Sicht. Ob sich hier jemals was tut, ist fraglich.
Einziger Punkt der zurzeit umgesetzt wird ist der Obermarkt. Und hier verhält sich die Stadt diametral zu den Vorschlägen von Dr. Accocella.
Anstatt zunächst zu versuchen mit dem nun hierfür bereit stehenden Sachbearbeiter erste Schritte zur Umsetzung des Konzepts zu tun, folgt das nächste Gutachten. Kosten 60.000 Euro.
Im Beschlussvorschlag zur Auftragserteilung findet sich z.B. die schöne Formulierung, Zitat: „zur Bildung einer nachhaltigen Kooperationsstruktur zwischen Gewerbetreibenden und Stadtverwaltung“.
Klingt gut. Ist aber wolkig oder auch heiße Luft. Denn Vertreter des Verkehrsvereins sitzen im Rat. Was hier verbessert werden soll ist fraglich.
Wir sind nicht prinzipiell gegen dieses Folgekonzept. Zunächst sollten hier aber erst mal eigene Anstrengungen unternommen werden. Wir können den Auftrag auch noch im Haushalt 2015 vorsehen. Zumal der Etat 2014 nur durch positive Ergebnisvorträge ausgeglichen werden kann.
(Jochen Hinkelmann)