Stadtrat: Ooch, doch lieber noch nix beschließen

Antrag der Grünen zur energetischen Sanierung in Aufsichtsrat verschoben

Alzey (neu) – Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am 22. Mai einen Antrag der Grünen auf Vorschlag des Bürgermeisters in den Aufsichtsrat der Alzeyer Baugesellschaft (ABG) verwiesen. Die Grünen hatten beantragt, dass der Klimaschutzbeauftragte der e-rp im Auftrag der Stadt prüft, wie die energetische Sanierung der Gebäude der ABG beschleunigt werden kann. Zunächst sollte hier die Option des Wärme-Contractings in den Blick genommen werden, um Fremdkapital zu generieren.

Jochen Hinkelmann begründete für die GRÜNEN den Antrag der Fraktion. Eine ganze Reihe von Gebäuden der ABG hätten noch energetischen Sanierungsbedarf. „Es wurden in der Zwischenzeit sicher weitere Maßnahmen von der ABG umgesetzt. Dass hier eine gute Arbeit geleistet wurde, steht ja außer Zweifel. Nach wie vor steht sie in diesem Bereich aber vor großen Herausforderungen“, machte Hinkelmann klar.

Angesichts des fortschreitenden Klimawandels sollten diese Gebäude so schnell wie möglich saniert werden. Deshalb sei hier ein großes Betätigungsfeld für den Klimaschutzbeauftragten. Hier sei seine Fachkenntnis dringend gefragt (s. Redebeitrag unten, anschließend der Antrag).

Bürgermeister Burkhard verwies auf eine – inhaltlich ausweichende – Stellungnahme der Geschäftsführung der ABG und machte deutlich, dass er von dem Grünen-Antrag nichts hält. Was die Grünen nicht wirklich verblüffte. Er versteifte sich dabei auf die Heizungsanlagen und hatte offenbar nicht im Blick, dass auch Wärmedämmung der Energieeinsparung dient. Jochen Hinkelmann versuchte vergeblich, diesen Sachverhalt zu erklären. Die ABG mache schon Contracting stellte Burkhard fest, die Wohnungen hätten meist Zentralheizung, die ABG sei also sehr gut aufgestellt. Er führte aus er glaube nicht, dass man noch mehr machen könne.

Für die Grünen eine unhaltbare Argumentation. „Damit wollte der Bürgermeister unseren Antrag offensichtlich nur zerreden, eine bekannte Taktik.“ kritisierte Detlev Neumann nach der Sitzung. Wichtig sei, was noch an Klimaschutzmaßnahmen möglich ist. Man dürfe sich auf dem Status quo nicht ausruhen. Erschreckend ist für die Grünen die Behauptung der ABG, das bei der Fassadendämmung wegen angeblicher Schimmelproblematik und Brandgefahr Zurückhaltung geboten wäre. Die Praxis – auch der ABG – habe solche Märchen längst entzaubert.

Gebäude der Baugesellschaft in der Dr.-Georg-Durst-Straße; Baujahr 1952, 2001 komplette Sanierung, Fassade mit Vollwärmeschutz. Schimmel? Brandgefahr?

Die Grünen betonten, dass die Stadt Eigentümer der Wohnungen der ABG ist, und daher den Klimaschutzbeauftragten einschalten kann. Burkhard hatte das zuvor bestritten.

Die Ratsfraktionen nahmen inhaltlich keine Stellung zu dem Antrag. Die CDU wollte ihn in den Bauausschuss verweisen, die SPD in den Aufsichtsrat der ABG. Dort kann der Antrag der Grünen nun immer noch bestätigt werden – oder er wird hinter verschlossenen Türen erstmal klaglos beerdigt. Aber das Ende der Geschichte ist ja bekanntlich immer noch nicht erreicht …

Redebeitrag:

STR 22.05.17 TOP 5.1: Forcierte energetische Sanierung des Bestands der ABG

2013 hat der VdW Südwest eine detaillierte Untersuchung zum Gebäudebestand der ABG durchgeführt. Aus diesem Portfoliocheck geht hervor, dass zu diesem Zeitpunkt 24 Mehrfamilienhäuser sanierungsbedürftig waren. D.h.: Fast ein Drittel des Bestands der ABG war in einem schlechten energetischen Zustand.Auf dem Foto zum Objekt Jean-Braun-Straße 3 u. 5 können Sie erkennen, wie groß die Abgasfahne und erahnen wie hoch der Energieverbrauch im Vergleich zum sanierten, mit Vollwärmeschutz versehenen Objekt Dr. Georg-Durst-Straße 10 ist. Das Ganze können sie dann auf gleichartige Gebäude übertragen.

Es wurden in der Zwischenzeit sicher weitere Maßnahmen von der ABG umgesetzt. Dass hier eine gute Arbeit geleistet wurde, steht ja außer Zweifel. Nach wie vor steht sie in diesem Bereich aber vor großen Herausforderungen. Und ihre finanziellen Mittel sind nun mal begrenzt. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels sollten diese Gebäude so schnell wie möglich saniert werden. Deshalb sehen wir hier ein großes Betätigungsfeld für den Klimaschutzbeauftragten. Hier ist seine Fachkenntnis dringend gefragt.

In diesem Zusammenhang sind wir auf eine Meldung der Energieagentur NRW gestoßen, die sie ja im Anhang finden. Darin heißt es, dass professionelles Energiespar-Contracting meist zu einem höheren Effizienzgrad führt, als Eigenmaßnahmen der Kommunen. Dass dies aber bei den wenigsten Kommunen bekannt ist. Wir wollen, dass der Klimaschutzbeauftragte auf der Basis dieses Portfoliochecks zunächst ein oder zwei geeignete Objekte auswählt und genau dies abklärt. Nicht mehr aber auch nicht weniger.

Evtl. gibt es aber zum Contracting weitere Alternativen und Ideen. Wir wollen hier seiner Kreativität keine Fesseln anlegen. Auf jeden Fall sollte sich der Klimaschutzmanager des Themas annehmen. Wenn sich praktikable und sinnvolle Lösungen finden, sollte man diese Wege auch beschreiten.

M.D.u.H.: Unser Antrag ist klar und eindeutig formuliert. Die Stellungnahme der ABG bestätigt, dass noch weitere Möglichkeiten auch in Hinblick auf energetische Sanierung offen stehen. Genau da setzt unser Antrag an. Da wollen wir weitere positive Schritte in die richtige Richtung tun. Wir bitten Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

Die Geschäftsführung der ABG hat nun eine Stellungnahme vorgelegt. Leider geht sie darin gar nicht auf unseren Antrag ein. Auch auf das Gutachten des VdW südwest wird keinerlei Bezug genommen. Es geht im Wesentlichen um bereits durchgeführte Maßnahmen. Diese sind unstrittig, werden von uns nicht kritisiert. Zudem wirft das Schreiben eine Menge Fragen auf, die wir hier in dieser großen Runde gar nicht erörtern können. Die Passage zur Fassadendämmung ist sogar erschreckend. Denn abzuwarten ist überhaupt keine Option.

Jochen Hinkelmann

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Antrag ABG vom 15. April 2017

Der Stadtrat beauftragt den Klimaschutzmanager zu prüfen, durch welche Maßnahmen die energetische Sanierung von Gebäuden der Alzeyer Baugesellschaft beschleunigt werden kann. Dabei sollte vor allem die Möglichkeit des Wärme-Contractings in den Blick genommen werden, um Fremdkapital zu generieren.

Diese Option sollte zunächst an einem oder einigen wenigen Objekten getestet werden. Eine gute Grundlage, um eine Vorauswahl zu treffen, bietet der Portfolio Check des Vdw südwest, insbesondere die Übersicht A.1 „Sanierungsbedürftige Mehrfamilienhäuser“.

In Frage käme z.B. das Mehrfamilienhaus Jean-Braun-Straße 3 + 5. Das Gebäude befindet sich, laut Baubeschreibung des VdW in einem „überwiegend guten Zustand nach Modernisierung“. Allerdings fehlt die Dämmung der Fassaden und des Dachs. Wie schlecht der energetische Zustand ist, kann man an Wintertagen mit dem bloßen Auge erkennen. Die Abgasfahne ist wesentlich stärker ausgeprägt als beim Objekt Dr.-Georg-Durst-Str. 10, das nach der Sanierung „Neubauzustand mit gutem Ausstattungsstandard und Fassadendämmung (WDVS)“ (Portfolio Check) aufweist (s. Foto). Durch die Größe des Objekts (2 x 6 Wohnungen) und dem wahrscheinlich hohen Energieverbrauch, könnte eine Contracting-Maßnahme möglich sein. Bei Prüfung weiterer Objekte sollten Gebäude, die sich im Bereich Soziale Stadt Ost befinden, zunächst außen vor gelassen werden, weil hier evtl. Zuschüsse fließen könnten. Stattdessen kämen evtl. Gebäude in der Langstraße oder der Rodensteiner Straße in Betracht. Begründung: „Öffentliche und private Gebäude in Deutschland verbuchen für Heizung, Warmwasser und Beleuchtung einen Anteil von 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs. Sie stehen für fast 20 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes (..).Deswegen ist die energetische Gebäudesanierung das Herzstück der Maßnahmen der Bundesregierung zur Energieeinsparung: Die Sanierungsrate soll sich verdoppeln“ (www.bundesregierung/ Themen Energiewende). Die Liste A.1 im Portfoliocheck ist lang. Eine beschleunigte energetische Sanierung daher dringend geboten. Eine rollierende Sanierung, ausschließlich aus Eigenmitteln der ABG, dauert zu lange. Die Energieagentur NRW empfiehlt Kommunen daher, verstärkt auf Energie-Contracting zu setzen (s. Anlage). Weitere Informationen und Best Practice Beispiele finden sich auf der Homepage „www.energieagentur.nrw/finanzierung/contracting).