Überplanmäßige Ausgaben zu spät im Stadtrat vorgelegt

Alzey (neu) – 6.11. 2017 – Dem Stadtrat wurde ein Liste von 95 überplanmäßigen und außerplanmäßigen Ausgaben aus dem Jahr 2016 vorgelegt, denen der Rat in einem Sammelbeschluss zustimmen sollte. Die Grünen haben in der Sitzung beanstandet, dass der Stadtrat erst im Nachhinein diesen Beschluss fassen sollte, als die Beträge längst gezahlt waren. Das, so die Grünen, widerspreche der Gemeindeordnung. Der Stadtrat wurde nach Auffassung der Grünen in wichtigen Rechten der Haushaltsführung eingeschränkt.

 Seite aus der Sitzungsvorlage. Informativ und übersichtlich ist was anderes.

Ist ein dröges Thema, aber für das demokratische Verfahren wichtig. Dazu sind einige Erläuterungen nötig.

Überplanmäßige Ausgaben sind Ausgaben, für die im städtischen Haushalt ein Betrag eingestellt ist, der aber dann nicht ausreicht; z.B. für Energie, Büromaterial, bei Investitionen, wenn eine Ausschreibung teurer ausfällt als kalkuliert. Außerplanmäßige Ausgaben sind Ausgaben, für die kein Betrag im Haushalt eingestellt ist und die unvorhergesehen getätigt werden müssen; z.B. wenn ein Parkscheinautomat durch einen Unfall zerstört wurde und ersetzt werden muss.

Für solche Ausgaben geben die rheinland-pfälzische Gemeindeordnung (GemO) und die Alzeyer Hauptsatzung genaue Regeln vor. Bis zu 2.500 (außerplanmäßig) bzw. 5.000 EUR (überplanmäßig) kann der Bürgermeister solche Zahlungen veranlassen. Ansonsten schreibt die GemO vor: „Sind die überplanmäßigen und außerplanmäßigen Aufwendungen oder Auszahlungen nach Umfang oder Bedeutung erheblich, bedürfen sie der vorherigen Zustimmung des Gemeinderats.“ Also muss der Stadtrat erst zustimmen, dann kann gezahlt werden. In dringenden Fällen kann der Bürgermeister in Absprache mit den Beigeordneten eine Eilentscheidung treffen. Die ist dem Stadtrat bekannt zu geben.

Von den 95 Positionen, die zur (nachträglichen) Entscheidung vorgelegt wurden, bedürfen 68 der vorherigen Zustimmung des Gemeinderates. Die Summe ist nicht ohne: knapp 2,68 Mio. EUR (in der Beschlussvorlage nicht ausgewiesen; nach Excel-Berechnung). Solche über- und außerplanmäßigen Ausgaben werden üblicherweise als einzelne Beschlussvorlage im Rat oder Ausschuss vorgelegt. Ein Beispiel: Stadtrat am 2.5.16., überplanmäßige Ausgabe für Außenanlagen Grundschule Weinheim. Zwei Seiten Vorlage mit genauen Erläuterungen. So wird ’s gemacht.

Im Stadtrat aber: Drei eng und klein bedruckte PDF-Seiten mit Tabellen – selbst am großen Monitor kaum lesbar. Für jeden der 95 Posten meist nur eine Zeile Erläuterung. Als Informationsgrundlage eher suboptimal.

Grünen-Sprecher Detlev Neumann konfrontierte Bürgermeister Burkhard mit der Kritik. Der konnte den Widerspruch zu den Vorschriften der Gemeindeordnung nicht ausräumen. Er versuchte zu erklären, diese Ausgaben seien erst beim Jahresabschluss für 2016 aufgefallen. Man tue das Möglichste, um umfassend zu informieren. Auszuschließen sei das aber nicht.

Das ist für die Grünen nicht plausibel. Der Bürgermeister lenke mit seinen Ausführungen auch vom Thema ab. Nämlich, dass die Gemeindeordnung zwingend die vorherige Zustimmung des Gemeinderates vorschreibt, was hier nicht erfolgt ist.

Bei den 95 Positionen waren auch Beträge von mehreren Hunderttausend Euro gelistet. Das will niemand bemerkt haben? Solche zustimmungspflichtigen Haushaltsüberschreitungen könnten und müssten zeitnah in den Stadtrat gegeben werden. Schließlich müsse jede, erst recht eine außerplanmäßige Auszahlung einzeln vorgenommen und geprüft werden.

„Soll das wieder so gehandhabt werden? Dann können wir als Stadtrat auch gleich daheim bleiben“, meinte Neumann nach der Sitzung sarkastisch.

Bericht in der Allgemeinen Zeitung vom 8.11.17:

www.allgemeine-zeitung.de/lokales/alzey/alzey/alzey-schliesst-das-jahr-2016-mit-einem-plus-von-knapp-vier-millionen-euro-ab_18304411.htm