Nachdem sich viele Jahre nichts getan hat, entwickelt Alzey nun einen Lärmaktionsplan, der nach der Umgebungslärmrichtlinie der EU von 2002 und nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zwingend erstellt werden muss. Anhand von Lärmkartierungen ist die Belastung u.a. entlang von Hauptverkehrsstraßen zu ermitteln und es sind Maßnahmen zur Verminderung der Lärmbelastung zu entwickeln. Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am 9.9.19 den Entwurf zur Lärmaktionsplanung mit dem Erläuterungsbericht beschlossen. Jetzt wird der Entwurf in das Verfahren der Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange (Versorgungsbetriebe, Verbände, Naturschutzorganisationen u.a.) gegeben.
Stop and Go – nicht nur – in der Nibelungenstraße. Die Lärmkartierung weist auf den Straßen des inneren Rings Spitzenwerte von ca. 75 dB/A aus – Autobahnniveau.
(Foto: Neumann)
Hier der Redebeitrag der Grünen zu dem Tagesordnungspunkt:
Es besteht dringender Handlungsbedarf gegen den zunehmenden Verkehrslärm. Wir hatten 2015 im Bauausschuss beantragt, dass so ein Lärmaktionsplan entwickelt werden soll. Die Sache wurde vertagt.
Jetzt, nach Jahren, droht die EU mit einem Vertragsverletzungsverfahren, weil es in Deutschland mit den Lärmaktionsplänen nicht voran geht.. Jetzt geht’s so nicht mehr weiter. Eine Lärmaktionsplanung wird nun auch in Alzey durchgeführt. Endlich! Und die Öffentlichkeit muss auch einbezogen werden! Sehr gut. Wir haben allerdings die Befürchtung, dass das Ganze eher als wirkungslose „weiße Salbe“ verschrieben werden soll. Nach dem Motto: „Es muss was geschehen, aber es darf nichts passieren.“
Wir werden also genau hinschauen, was gegen den Verkehrslärm künftig getan und was unterlassen werden soll. Und wir werden ggf. auch intervenieren.
Der Entwurf des Lärmaktionsplanes nennt eine ganze Reihe von konkreten Maßnahmen, die im Prinzip schnell und wirkungsvoll umgesetzt werden können. Auch ein Blick in unser Mobilitätskonzept lohnt sich immer wieder.
Wirksame Maßnahmen setzen allerdings u.a. voraus, dass die heilige Kuh Automobil nach und nach die Herrschaft über die Straßen verliert. Und es setzt voraus, dass der Landesbetrieb Mobilität (LBM) in seinem Bereich endlich mal spürbar aktiv wird. Da könnte die Klagedrohung der EU schon was bewirken. Und der Druck von der Basis – von uns vor Ort nämlich.
Auch in Alzey ist die Belastungsgrenze längst erreicht. Mehrmals täglich Stop and Go auf den Ringstraßen von Kreisel zu Kreisel (Nibelungenstr., Berliner Straße, Römerstraße). Wie die Lärmkartierung zeigt werden da Spitzen bis 75 Dezibel erreicht, dort ist es so laut, wie auf den Autobahnen. Dazu mehrmals täglich Staus, z.B. in der Jean-Braun-Straße und der Georg-Durst-Straße. Hinzu kommen die frohgemuten Fahrer getunter Pkw und Motorräder sog. Poser, die dann vor allem am Wochenende und an schönen Sommerabenden bis spät in die Nacht ihr lärmendes Unwesen treiben. Wie man dann noch einmal pro Jahr eine Autorallye genehmigen kann, die am Schulzentrum startet, den dortigen Bewohnern an einem Samstag von morgens 7 bis abends 21 Uhr einen gewaltigen Lärm bringt, erschließt sich für uns nicht.
In der jüngsten Studie des Umweltbundesamtes zum Umweltbewusstsein 2018 wird festgestellt: „Mobilitätsbedingte Umweltprobleme wie Lärm, Abgase und Feinstaub im Straßenverkehr zu verringern, sieht eine deutliche Mehrheit der Befragten als sehr oder eher wichtig an, nämlich 89 Prozent. “ (Umweltbewusstsein 2018, S. 10)
Verbesserung des ÖPNV, Förderung der Infrastruktur für den Radverkehr – mehr Platz für Radler -, sichere und gute Fußwege, Tempobegrenzungen und Verminderung des Autoverkehrs sind einige Stichworte. Wir haben zum Radverkehr schon eine Reihe von Vorschlägen gemacht und werden das nochmal erweitern. Wenn man allerdings dem Autoverkehr weiterhin den roten Teppich ausrollt, wird sich nichts ändern. Das Ganze fällt natürlich auch in die Rubriken Verkehrswende, Energieeinsparung, Klimaschutz und Schonung von Ressourcen. Man darf gerne an den alten Slogan erinnern: Global denken – lokal handeln.
(Detlev Neumann)