Alzey (neu) – Die ehemalige Bahntrasse vom Bahnhof ins Industriegebiet soll möglicherweise Alzeyer Teil einer Radtouristikroute durch die VG Alzey-Land werden und müsste dafür gerodet werden. Die Grünen wollen, dass der breite und kilometerlange Grünzug auf der ehemaligen Bahntrasse erhalten bleibt und weiterentwickelt wird. Als Wegeführung für den lokalen Radverkehr ins Industriegebiet sei die Strecke ungeeignet. Auch als Linie für Radtourismus wirke die Strecke durch öde Alzeyer Industrie- und Gewerbegebiete alles andere als attraktiv.
Auf und neben der Trasse habe sich in den letzten rund zwanzig Jahren ungestört ein zusammenhängender Lebensraum von beachtlicher Länge und Breite entwickeln können. Es sei eine Vielzahl sehr unterschiedlich wertiger Strukturen zu finden: z.B. Trockenflächen in Südlage, Reche und Tälchen, Gehölze wie Wäldchen und Hecken – Lebensraum für viele Tierarten. Im Schotterbett fänden sich vom Menschen geschaffene Sekundärbiotope, in denen Reptilien, Amphibien oder Tagfalter zu erwarten seien. Eine Rodung und großflächige Versiegelung der Trasse als asphaltierter Radweg wäre ein herber Rückschlag beim Bemühen in Alzey, verloren gegangene vernetzte Biotope zu ersetzen. Hier habe die Natur einen kostenlosen Service mit Landschaftsplanung und -gestaltung geleistet, der gezielt weiterentwickelt werden sollte. Durch einen asphaltierten Radweg entstünden Gefahren wie der Verlust von Lebensräumen, Falleneffekte für die Tierwelt, Zerschneidung von Lebensräumen, Verdrängung von empfindlichen Tierarten durch menschliche Störungen u.a.
An manchen Stellen liegt der Gleisschotter offen da, hier sind Lebensräume z.B. für Eidechsen zu erwarten; weite Strecken sind mitlerweile von dichtem Grün überwachsen.
Die Strecke werde auch als vorteilhafte Route ins Industriegebiet für den innerstädtischen Radverkehr angepriesen. Dafür habe sie aber keine wirkliche Bedeutung. Die Zahl der Berufspendler, die mit der Bahn nach Alzey fahren, dort am Bahnhof aufs mitzubringende Rad steigen und ins Indurstriegebiet fahren, dürfte sehr überschaubar sein.
Die tatsächlich wichtigen Radrouten und Fußwege von Alzey Stadt ins Industriegebiet verliefen über drei Strecken: vor allem über den gut ausgebauten Selztalradweg sowie über die beiden unbefestigten Feldwege in Fortsetzung der Hagenstraße bzw. der Kurfürstenstraße. Über die Feldwege könnten stärkere Steigungen im Bereich der Kipp-Straße durch klug gewählte Zufahrtsrouten von der Stadt her vermieden werden. Beim Selztalradweg wäre eine Beleuchtung erforderlich. Die Feldwege seien unbefestigt und könnten bei schlechter Witterung nicht befahren oder begangen werden. Hier sollte ein umweltverträglicher Wegeausbau durchgeführt werden.
Eine Route über die alte Bahntrasse würde einen erheblichen Umweg um das Gewerbegebiet Albiger Straße herum bedeuten, der für Radfahrer nicht akzeptabel wäre. Außerdem hätte diese Strecke keine Anbindung an die Kipp-Straße, sondern würde unter der Straße hindurch in Richtung Schafhausen führen. Erst am Ende des Industriegebietes gäbe es ein Nebengleis, das wieder zurück zur Justus-von-Liebig-Straße führt – ein weiterer Umweg. Es sei auch nicht zu erwarten, dass Radfahrer von Alzey-Stadt aus zunächst die Steigung in Richtung Bahnhof genießen würden, um dann über den umständlichen Schlenker ums Gewerbegebiet wieder frohgemut ins Tal der Selz zu radeln.
Der städtische Eigenanteil für das Projekt wird überschlägig auf knapp 2,7 Mio. EUR geschätzt; dabei dürfte es letztlich nicht bleiben. Allerhöchster Handlungsbedarf bestehe bei der Verbesserung der lokalen Radinfrastruktur und anderer klimafreundlicher Mobilitätsprojekte. Hier könne mit wesentlich geringerm Aufwand sinnvoll investiert werden. Teure Prestigeprojekte, die für die lokale Radinfrastruktur nutzlos seien, erhebliche öffentliche Gelder vergeudeten, und letztlich kontraproduktiv für den Artenschutz seien, kämen für die Grünen nicht in Frage. Eine gezielte naturschutzfachliche Aufwertung einzelner Abschnitte der Trasse, möglichst mit bürgerschaftlichem Engagement, wäre dagegen sehr zu begrüßen.