Schlossgasse wird ab „Am Schlosspark“ für den Radverkehr gegen die Einbahnrichtung wieder gesperrt / Vorteilhafte Regelung hatte jahrelang funktioniert
Alzey – (neu) Die Verkehrsbehörde der Stadtverwaltung hat im Ausschuss für Bürgerdienste mitgeteilt, dass die Schlossgasse ab „Am Schlosspark“ bis zur Nibelungenstraße für den Radverkehr gegen die Einbahnrichtung wieder gesperrt wird. Damit ist eine durchgängige Radroute vom Selztalradweg bis zum Rossmarkt nach vielen Jahren der Öffnung erst einmal Vergangenheit. Die Entscheidung wurde lediglich als Mitteilung im Ausschuss vorgelegt. Der Ausschuss hatte das nicht beschlossen. Er wurde dazu nicht einmal befragt. Für die Grünen eine krasse Fehlentscheidung „par orde du mufti“. Der Autoverkehr steht wieder einmal massiv im Vordergrund. Verkehrswende im Sinne des Klimaschutzes funktioniert so nicht. Die Grünen werden dagegen mit einem Antrag aktiv werden.
Schlossgasse für Radfahrer frei – das war erst einmal. Autos haben wieder mal Vorfahrt. Aber noch ist nicht aller Tage Abend …
Die Begründung, die Bürgermeister Burkhard vorlegen ließ, ist für die Grünen absolut dürftig. Eine einzige Mail, in der sich ein Radfahrer über Probleme beklagt hatte, wurde zitiert und als Anlass genannt. Angeblich hätte es massive Probleme und Gefährdungen durch Beinaheunfälle gegeben. Belege dafür wurden nicht vorgelegt. Nach eigener Einschätzung der Grünen konnten sich Autofahrende und Radfahrende durchaus arrangieren. Vor langer Zeit war mal ein Radschutzstreifen angelegt worden. Der hatte dafür gesorgt, dass besonders im Bereich vor dem Schloss Autofahrende besonders langsam und vorsichtig an entgegenkommenden Radelnden vorbeifuhren. Die Markierung ist schon seit längerem abgefahren und kaum noch sichtbar. Die Grünen hatten schon vor einigen Jahren gefordert, die Markierung wieder dauerhaft aufzutragen. Das wurde von der Verwaltung strikt abgelehnt.
Die Grünen hatten seit gefühlt 20 Jahren mit einer anfangs unwilligen Verwaltung und ebenso störrischen Ratsgremien ’rumgezackert, um Einbahnstraßen für den Radverkehr zu öffnen. Nach und nach wurden dann viele Einbahnstraßen geöffnet. Eine bewährte Mobilitätspolitik, die fortgesetzt und nicht rückgängig gemacht werden sollte.
Gegen die Sperrung für den Radverkehr gab es etliche Proteste in Form von LeserInnenbriefen in der Allgemeinen Zeitung.
(Sitzungsvorlage im Ausschuss für Bürgerdienste am 15.03.2022; TOP 9:
https://alzey.more-rubin1.de/meeting.php?id=2022-ABD-68
Ein Leserbrief wurde auch an uns geschickt:
Leserbrief zum Artikel „Kein Gegenverkehr mehr erlaubt“; AZ vom 24.03.22
Die geplanten Änderungen in der Schlossgasse sind ein Musterbeispiel für Verkehrsplanung in Alzey: Im Zweifel für das Auto, gegen die Interessen von Radfahrenden und Fußgehenden. Dabei gebe es hier eine für alle Verkehrsteilnehmer gute Lösung. Warum müssen Autos auf dem schmalen Teilstück zwischen Schlosspark und Nibelungenstraße überhaupt fahren? Vom Kästrich kommend, könnten sie nach links in die breite Straße Am Schlosspark abbiegen, an der Sparkasse dann nach links über die Ostdeutsche Straße in Richtung Nibelungenstraße fahren. Das schmale Stück der Schlossgasse, das ohnehin als Durchgangsstraße völlig ungeeignet ist, bleibt nur für Fahrräder, Anwohnende und Versorgungsfahrzeuge geöffnet. Ob man das als Fahrradstraße oder verkehrsberuhigten Bereich ausweist, muss dann geprüft werden.
Das hätte dann auch den Charme, dass Radreisende, die auf dem Selztalradweg unterwegs sind, direkt über die Schlossgasse, vorbei am einladenden Hotel am Schloss, zum Rossmarkt mit seinen Gaststätten kommen könnten. Stattdessen müssten sie bei geänderter Verkehrsführung über die gefährliche Nibelungenstraße in die Hospitalstraße abbiegen, würden so am Stadtzentrum vorbei geführt und wären als Gäste verloren. Das macht auch aus touristischer Sicht keinen Sinn.
Man kann sich auch fragen, warum man am Schlosspark überhaupt so viele Parkplätze braucht, die nun zulasten von Fußgehenden, den Bürgersteig um 50 Zentimeter schmäler machen sollen. Die Parkplätze in der Hospitalstraße und hinter der Stadthalle sind nur einen Steinwurf vom Schloss entfernt. Hier würde es völlig ausreichen, zwei Behindertenparkplätze zu erhalten, den Rest zu streichen. Es zeigt sich auch hier: Verkehrsplanung macht man in Alzey immer mit dem imaginären Blick durch die Windschutzscheibe.
Jochen Hinkelmann