STR 30.11.23 Ansiedlung Eli Lilly

Am 30.11. wurden die letzten formalen Schritte zur Änderung des Bebauungsplans zur Ansiedlung von Eli Lilly durch Bauausschuss und Stadtrat durchgeführt. Zur Struktur der EGA ist Folgendes zu sagen: Die Stadt ist mit 20 Prozent über ihre Tochter Beteiligungs- und Veranstaltungs-GmbH (ABV) an der EGA beteiligt. Städtische Vertreter in der EGA sind der Bürgermeister und zwei Bedienstete der Stadtverwaltung. Mitglieder des Stadtrats sind nicht vertreten. Es gibt auch keinen Aufsichtsrat. Am 17.11.23 wurde die geplante Ansiedlung von Eli Lilly der Öffentlichkeit medienwirksam vorgestellt. Vorher war der Name des Pharma-Unternehmens auch den Mitgliedern des Stadtrats nicht bekannt. Man kann davon ausgehen, dass die Verträge zu diesem Zeitpunkt längst unterschrieben waren. Deshalb kritisieren wir Grüne das undemokratische Verfahren zu den Planungen im Industriegebiet. Die Ansiedlung von Eli Lilly begrüßen wir aber. Das haben wir auch in der Ratssitzung vom 30.11. so vorgetragen, wie der folgende Redebeitrag zeigt. Den Vorwurf des EGA-Geschäftsführers Herrn Brauer in der AZ vom 2.12., unser Statement sei „schlichtweg nicht richtig“ weisen wir entschieden zurück. Vielmehr ist seine Aussage, „der Stadtrat ist weiterhin der einzige Souverän“ nicht richtig.

 


 

Die Ansiedlung von Eli Lilly ist ein großer Erfolg für die Stadt. Die EGA hat gute Arbeit geleistet. Jedenfalls sieht es aktuell danach aus.

Trotzdem erleben wir heute ein unwürdiges Schauspiel. Denn nun bestätigt sich, was wir bei der Gründung der EGA im Jahr 2017 bereits kritisiert haben – warum wir den Gesellschaftsvertrag abgelehnt hatten.

Der Stadtrat, das höchste politische Gremium der Stadt, hat hier praktisch nichts mehr zu sagen. Die Planungen zum Industriegebiet wurden privatisiert. Der Rat hat sich ohne Not selbst degradiert und marginalisiert.

Es fehlt die entscheidende Beschlussvorlage mit diesem Wortlaut: „Der Stadtrat stimmt der Ansiedlung des Unternehmens zu“.

Stattdessen darf der Rat nur noch den Platzwart spielen. Er darf die Linien am Spielfeldrand markieren. Wer auf dem Platz steht und was gespielt wird, all das entscheidet allein die EGA. Wir führen hier nur noch formale Schritte durch.

In den Neunziger Jahren musste entschieden werden, ob sich ein Chemiebetrieb in Alzey ansiedelt. Der Stadtrat lehnte ab, sah Umwelt und Gesundheit gefährdet, weil wöchentlich Kesselwaggons mit problematischen Chemikalien anrollen sollten. Oder ob eine 30 Meter hohe Lagerhalle ins Industriegebiet passt. Der Stadtrat stimmte mit Ja.

Diese Entscheidungen wurden dort getroffen, wo sie hingehören: Im Stadtrat. Was heute hier stattfindet ist keine Politik, sondern nur noch deren Simulation. Eine Karikatur.

Heute können wir zum ersten Mal das Ausmaß der Entdemokratisierung hautnah erleben.

Was wäre denn, wenn uns heute die EGA die Ansiedlung eines Chemiebetriebs oder eines Logistikunternehmens auftischen würde?

Unser Fazit lautet: Die Ansiedlung ist richtig und gut, das Verfahren völlig daneben. Da dies ein gewisses Dilemma darstellt, votieren wir unterschiedlich.

Jochen Hinkelmann, Bündnis 90/Die Grünen